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Nachdem Höllenritt unseres Lebens und das ist jetzt kein Über- sondern eher eine Untertreibung, sind wir dann doch noch lebend in Ooty angekommen. Ooty ist ein beschaulicher Ort auf etwas über 2200 Meter mit einem für Europäer sehr gemässigten Klima von knappen 20 Grad Celsius, für den Inder wohl die Eishölle, denn die Meisten liefen hier mit dicker Jacke und Schals rum. Die Gegend ist geprägt von Landwirtschaft, wo Rinder grasen und Tee angebaut wird. In Bangalore hatten sie uns erzählt, das Ooty eigentlich die Flitterwochen Metropole schlecht hin ist. Wir haben uns dann erstmal zu der Station Udagamandalam, Ooty ist die Kurzform, der Nilgiri Hills Bahn aufgemacht um die Tickets für den Zug zukaufen.
Als wir gerade an der Station an kamen, war der 09:15 Zug im Begriff nach Coonoor loszufahren und somit konnten wir uns einen ersten kurzen Eindruck, leider ohne Bilder, dieser Bahn machen. Drumherum war noch immer emsige Geschäftigkeit, denn einige Einheimische konnten keinen Platz mehr in der zweiten Klasse ergattern. Der Zug war eigentlich für indische Verhältnisse sehr kurz, nur fünf Wagen aber dafür eine riesige Diesellok. Nilgiri Bahn
Als der Zug losgefahren war, gingen wir zu den beiden Ticketschalter, kurz bevor wir einen der beiden Schalter erreichten, wurde dieser geschlossen und der Rollladen runtergelassen. Typisch. Also sind wir an den zweiten Schalter. Hinter dem Desk war der Ticketverkäufer, welcher eben vor uns den Rollo runterliess, mit zwei anderen Herren am quasseln. Da standen wir 5 Minuten, gut sichtbar für alle und keinen hat's interessiert. Als ich auf bayrisch rummoserte, hatte einer der Herren den Ticketverkäufer auf uns aufmerksam gemacht. Den hat's aber noch immer nicht interessiert. Nach ein paar Reusperer und bayrischen Flüchen, schlappte er dann doch widerwillig hinter den Tresen und fragte was wir wollen. Hmm eigentlich ne doofe Frage, was werden Touris an einer Bahnstation, welche zum UNESCO Weltkulturerbe zählt, schon wollen. Überheblich hat er uns in seinem besten und schnellsten Indischenglisch mitgeteilt, das der Schalter für die Bahn neben an ist und dieser erst immer 45 Minuten vor Abfahrt der Bahn aufmacht. Andreas wollte noch weitere Informationen über Fahrpläne haben, dazu hatte der Herr aber keinen Lust. Inder können, wenn Sie keine Lust haben, ziemlich arschig werden. Und Inder haben oft mal keinen Lust, so die Erfahrung bisher.
Kurz nach 10 Uhr haben sich die ersten Passagiere am besagten Schalter angestellt und aus Angst kein Ticket zu bekommen, habe ich mich auch eingereiht. Schnell kam ich mit den anderen Wartenden ins Gespräch. Kurz vor elf bekam die Sache eine gewisse Eigendynamik, als immer mehr versuchten sich am Schalter den ersten Platz zu ergattern. Irgendwann stand ich dann nicht mehr an zweiter Position und der Hinter mir nicht mehr an dritter. Es gab indisches Palaver woraufhin dann mündlich die Wartenummern vergeben und die alte Wartereihenfolge wieder hergestellt wurde. Um Punkt elf machte der Schalter auf, und ich konnte meine beiden first class Tickets für je 85 Rupien, ca nen Euro zehn, erstehen.
Bis 12:15, der offiziellen Abfahrtszeit des Zuges, machte ich noch diverse Bilder, von allem. Irgendwann meinte Andreas, das total viele Leute draussen auf dem Bahnsteig in einer Reihe stehen würden. Noch ruhig meinte ich, dass wir erste klasse Tickets haben und wir aufjedenfall mitfahren werden. Als ich aber doch einen Blick aus der Bahnhofshalle raus auf den Bahnsteig riskierte, wurde ich dann auch etwas nervös. Da standen wohl 250 Menschen. Wir hielten einem Bahnangestellten die Tickets unter die Nase und fragten, wo wir hin müssen, er fuchtelte wage in der Luft rum und sagte etwas was aber keiner deuten konnte. Der Bahnsteig war parallel zum Gleis abgetrennt, davor verteilten sie ein paar wenige, dahinter alle. So gingen wir davon aus, dass die mit den teuren Tickets wohl erst einsteigen dürften. Diese Version bestätigte dann auch ein reicher Inder mit seiner Frau, die ebenfalls ein first class Ticket hatten. Irgendwann kam ein anderer Mitarbeiter und stellte die Ordnung am Bahnsteig wieder her, da die Unmengen an Leute hinter der Absperrung sich dem denen der ersten Klasse mischten. Dabei stellte sich aber heraus, das die erste Klasse doch ein eigenes Abteil am Ende des Zuges hatte. Gott sei dank, wie sich später noch herausstellen wird.
Der Zug fuhr 10 Minuten früher als geplant in den Bahnhof ein, und das Chaos brach los als die Türen geöffnet wurden. Somit konnte ich auch keine Bilder vom Zug machen. Leute die einsteigen wollten drückten in die Waggons, die Ankommenden wollten aussteigen. Alles drückte, lamentierte und schrie. Der absolute Wahnsinn. Irgendwann sassen wir in unserem Abteil und konnten das weitere Treiben in Ruhe von drinnen anschauen. Draussen standen noch mindestens 200 Menschen. Als die zweiten Klasse voll war, stürmten diese auf alle Waggons, auch die der ersten Klasse. Jede Türe wurde aufgerissen und Leute wollten noch einsteigen, als bei unserem Abteil ebenfalls die Türe aufgerissen wurde und eine Frau mit panischem Blick in das eigentlich mit 8 Personen schon volle, zumindest für europäische Verhältnisse, Abteil steigen wollte, macht der Inder an der Tür unmissverständlich und lautstark auf Englisch klar, das dies die erste Klasse ist und Leute aus der zweiten Klasse nicht erwünscht seien!!!!! Uppsi.
Nach weiteren 10 Minuten, es war schon 12:25, wurde es draussen ruhiger geworden und die ganzen Leute haben irgendwie in vier Waggons Platz gefunden.
Erst Pfiff die Lok, dann der Schaffner und nochmal die Lok, danach hüllte sich die alte Diesellok in Qualm und tuckerte langsam los. In einem für Schmalspurbahnen typischen Schaukeln ging die Fahrt vorbei an Ortschaften, wo die Leute fröhlich winkten, durch Tunnels und kleinen Schluchten, Teeplantagen und Wälder. Eine Stunde später und 25 Kilometer weiter, waren wir in Coonoor der Endstadion angekommen, wo langsam Regen einsetzte, der sich Minuten später in einen dicken Platzregen ausdehnte.
Etwas ratlos standen wir an der Station Coonoor unter dem Dach des Bahnsteigs und sahen zu wie die vielen Leute den Zug wieder verliessen, mir war immer noch rätselhaft Nilgiri Bahnwo die überall untergebracht waren. Da die Bushaltestelle, mit den Bussen welche uns nach Coimbatore bringen sollten, aber 500 Meter weit weg war vom Bahnhof, es immer noch aus allen Rohren regnete und wir permanent von Taxifahrern wegen Sightseeingrundfahrten in Coonoor angesprochen wurden, fragte Andreas einen, ob er uns nicht nach Coimbatore zum Bahnhof fahren könnte, zu unserem Erstaunen willigte er sofort ein, uns die 70 Kilometer für 1700 Rupien zu fahren. Für 24,30 Euro war das okay. Die Fahrt dauerte ohne Bremshügel 3 Stunden, 45 Minuten davon standen wir im Stau, weil auf der Strasse den Pass runter ein Unfall war. Wegen dem Regen war die Strasse von rotem Schlamm überzogen, welchen die Sturzbäche an Wasser mit sich führten. Endlich vom Pass auf der Hauptstrasse angekommen, versuchte der Fahrer bei einem sehr riskanten Überholmanöver, ein Laster zu überholen, welches fast ins Auge gegangen wäre, weil er ein entgegenkommendes Auto zu spät bemerkte.
In Coimbatore angekommen setzte uns der Fahrer am Bahnhof wie versprochen ab.